Letzter Feinschliff vor dem großen Sprung
- Rugby-News Team
- vor 2 Tagen
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Deutschlands Siebener-Team bereitet sich auf das Play-off in L.A. vor

Das deutsche 7er-Rugbyteam steht vor dem wichtigsten Turnier des Jahres – und womöglich der jüngeren Verbandsgeschichte. Vom 3. bis 4. Mai kämpft das Wolfpack in Los Angeles beim World Rugby SVNS Qualifikationsturnier um einen der begehrten Startplätze für die globale Turnierserie. Die unmittelbare Vorbereitung? Intensiv, strukturiert – und alles andere als alltäglich.
„Wir kommen ja gerade aus Krakau. Ob das jetzt Glück oder Pech war, sei dahingestellt – aber für uns war es eigentlich die beste Vorbereitung“, sagt Bundestrainer Clemens von Grumbkow im Gespräch mit RugbyNews. „Wir hatten eine sauschwere Gruppe, haben es trotzdem geschafft, uns durchzusetzen – das gibt natürlich Selbstvertrauen.“
Nur zwei Wochen trennen das letzte Challenger-Turnier in Polen vom Showdown in Kalifornien. Viel Zeit blieb nicht – doch die wurde genutzt. „Letzte Woche hatten wir Montag und Dienstag frei, Mittwoch individuelles Training, dann haben wir Donnerstag und Freitag nochmal voll trainiert – auch am Feiertag. Jetzt sind wir wieder im vollen Modus. Und am Samstag geht’s in den Flieger“, so von Grumbkow.
Ein bewusster Schritt: Das Team reist ein paar Tage früher an, um sich besser an Zeitumstellung und Klima zu gewöhnen. Drei Tage wird das Team in San Clemente verbringen, beim Partner Rhinos Rugby, einer Akademie mit besten Trainingsbedingungen nahe Los Angeles. „Dort ist auch Frankie Horne involviert, ehemaliger südafrikanischer Nationalspieler. Die Spanier sind auch vor Ort, vielleicht können wir noch eine oder zwei Einheiten gemeinsam machen.“
Erst danach zieht das Team ins Turnierhotel nach L.A. – für die finalen taktischen Abstimmungen und wenige, gezielte Einheiten.
Was zählt, ist Effizienz – und Kontrolle
Die sportlichen Schwerpunkte? Ganz klar: Chancenverwertung und physische Präsenz. „Wir hatten über alle Turniere hinweg viel Ballbesitz, aber unsere Chancenverwertung war nicht da, wo wir sie haben wollen. In Krakau war das schon besser, aber das bleibt ein großes Thema.“
Ein weiteres Feld, das gegen Topteams entscheidend sein wird, ist der Breakdown – das Spiel am Kontaktpunkt. „Wir denken, dass uns die World-Series-Teams da besonders attackieren werden. Da waren wir physisch nicht stark genug. Spielerisch können wir mithalten, aber das ist eben nochmal ein anderes Niveau, wenn du gegen Neuseeland oder Fiji spielst – nicht gegen Madagaskar oder Portugal.“
Weniger Fehler, mehr Klarheit – und Geduld
Neben der körperlichen Komponente ist es auch die mentale Stabilität, die gefordert sein wird. Von Grumbkow: „Ich hoffe, dass wir über die drei oder vier Spiele konstant unsere Leistung abrufen. Wir wissen, dass wir das draufhaben – aber es passieren uns eben noch Aussetzer.“
Vor allem die mangelnde Spielpraxis auf Topniveau wiegt schwer: „Wir haben keine World Series, in der man Fehler machen und daraus lernen kann. Bei uns zählt jedes Spiel – jeder Fehler kann die Qualifikation kosten.“
Was sich ändert – und warum es trotzdem um alles geht
In der Rugbywelt wird derzeit intensiv über die Struktur der World Series diskutiert. Wohl feststeht: Die bisher zwölf Teams umfassende Serie soll in Zukunft auf acht Kernteams reduziert werden – ein Schritt, der große Auswirkungen auf die Aufstiegsmechanismen hat.
„Es stimmt, dass reduziert wird“, erklärt von Grumbkow, „aber es stimmt nicht, dass es für uns um nichts mehr geht.“ Deutschland hat die Chance sich für die neue SVNS Two, eine Art zweite Liga, zu qualifizieren. Nach sechs World-Series- und drei SVNS-Turnieren spielen zwölf Mannschaften in einer gemeinsamen Championship-Runde die Topplatzierungen aus. Dort geht es nicht nur um Prestige – sondern auch um die Qualifikation für die acht Kernplätze der Folgesaison.
„Wir würden zwar erstmal nicht ganz oben mitspielen, aber es würde für uns trotzdem einen großen finanziellen Unterschied machen“, so von Grumbkow. Denn auch die SVNS-Two-Teams erhalten Fördermittel auf World-Series-Niveau – ein wichtiger Schritt für die weitere Professionalisierung des Programms.
Was bleibt: ein Koffer, ein Flugticket und der feste Blick nach vorne
„Ich hoffe, dass wir zeigen können, was wir draufhaben. Dass wir über alle Spiele hinweg Leistung bringen – ohne Aussetzer“, sagt Bundestrainer Clemens von Grumbkow
Denn ja – vielleicht ist es (noch) nicht die ganz große Bühne. Vielleicht heißt das Ziel am Ende nicht „World Series“, sondern erst einmal „SVNS Two“(die geplante zweite Liga hinter der World Series). Aber Aufbruch hat selten so ausgesehen, wie man ihn sich im Lehrbuch vorstellt. Manchmal beginnt er eben mit einem Flug nach Kalifornien, ein paar Trainings in San Clemente, und dem klaren Gefühl: Wir gehören hier nicht zufällig hin.
Was Deutschland jetzt braucht, ist kein Wunder – sondern eine Mannschaft, die sich genau an dem festbeißt, was sie kann. Und eine Rugbywelt, die merkt: Dieses Wolfpack klopft nicht nur an. Es weiß längst, wie sich die Tür öffnet
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