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Zehn für ein Ziel – Wie das neue Bundesliga-System die Karten neu mischt

  • Jürgen Georg
  • 15. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Wer in diesen Tagen auf die Tabelle der Rugby-Bundesliga schaut, der sieht nicht nur eine normale Endphase der Saison. Er blickt auf ein Scharniermoment für den gesamten Sport. Denn was jetzt entschieden wird, reicht weit über Meistertitel und Abstieg hinaus: Die kommende Saison bringt die eingleisige Bundesliga – zehn Teams, ein Wettbewerb, nationale Bühne. Doch wer diese Bühne betritt, muss sich sportlich qualifizieren. Und das hat es in sich.



Photo Credit: Stephan Janus
Photo Credit: Stephan Janus

Drei Wege, zehn Tickets


Das System ist klar definiert: Es gibt drei Wege, um sich einen der begehrten Startplätze zu sichern.


Erstens: Die vier Halbfinalisten der laufenden Saison sind automatisch qualifiziert – Leistung belohnt sich direkt.


Zweitens: Zwei Plätze werden über Playoffs zwischen den Fünft- und Sechstplatzierten der Nord- und Süd-Staffel vergeben – in Überkreuz-Duellen: Nord 5 gegen Süd 6, Süd 5 gegen Nord 6.


Drittens: Vier Plätze werden in einer Relegationsrunde ausgespielt. Dabei treffen acht Teams aufeinander:


  • Die vier Viertelfinal-Verlierer

  • Die beiden Siebten der Bundesligen

  • Die beiden Zweitliga-Meister aus Nord/Ost und Süd/West


Die Tabellenletzten steigen direkt ab – für sie ist der Zug zur neuen Liga bereits abgefahren. Der Rest kämpft um alles.


Wer spielt gegen wen? Ein Rechenbeispiel


Wenn man die aktuelle Tabellensituation heranzieht, ergibt sich folgendes Viertelfinalbild im überkreuzten Modus:


  • Viertelfinale 1: Hannover 78 (1. Nord-Ost) vs. München RFC (4. Süd-West)

  • Viertelfinale 2:Germania List (2. Nord-Ost) vs. TSV Handschuhsheim (3. Süd-West)

  • Viertelfinale 3: SC Neuenheim (1. Süd-West) vs. Berliner RC (4. Nord-Ost)

  • Viertelfinale 4:SC Frankfurt 1880 (2. Süd-West) vs. RC Leipzig (3. Nord-Ost)


Neuenheim, Frankfurt und Hannover gehen als Favoriten ins Rennen – zu konstant, zu erfahren, zu abgezockt. Die spannendste Partie dieser Runde dürfte das Duell zwischen Germania List und Handschuhsheim werden. Zwar spielt die List eine starke Saison, doch der TSV aus Handschuhsheim bringt viel Playoff-Routine, Körperlichkeit und taktisches Gespür mit. Es spricht einiges dafür, dass sich Handschuhsheim knapp durchsetzt.


Damit wären Hannover 78, SC Neuenheim, Frankfurt 1880 und Handschuhsheim für die neue Bundesliga qualifiziert. Der Rest – Germania List, RC Leipzig, Berliner RC und München RFC – müsste in die Relegation.


Die Relegation – acht Teams, vier Plätze


In der Relegation treffen die vier Viertelfinal-Verlierer auf zwei Siebte – voraussichtlich FC St. Pauli (Nord) und RG Heidelberg (Süd) – sowie auf die beiden dominanten Teams der 2. Bundesliga: TSV Victoria Linden (Nord/Ost) und RC Rottweil (Süd/West).


Die Relegationsduelle sind ebenfalls klar geregelt – sie richten sich nach den Nummern der Viertelfinalspiele und würden in unserem Beispiel so aussehen:


  •  Verlierer Viertelfinale 1 (München RFC)➜ spielt gegen den Meister der 2. Bundesliga Nord/Ost (TSV Victoria Linden)

  • Verlierer Viertelfinale 2 (Germania List)➜ trifft auf den Siebten der Bundesliga Nord/Ost (FC St. Pauli)

  • Verlierer Viertelfinale 3 (Berliner RC)➜ spielt gegen den Meister der 2. Bundesliga Süd/West (RC Rottweil)

  • Verlierer Viertelfinale 4 (RC Leipzig)➜ trifft auf den Siebten der Bundesliga Süd/West (RG Heidelberg)


Wer hier gewinnt, ist dabei. Wer verliert, ist draußen. Für die Bundesligisten bedeutet das: keine Schonfrist. Für die Zweitligisten: eine große Chance. Und für alle: maximale Spannung.


Zwei weitere Duelle: Die Playoffs um Platz 9 und 10


Zusätzlich zu den vier Relegationssiegern qualifizieren sich zwei weitere Teams in den Playoffs zwischen Fünften und Sechsten der Bundesligen:


  • RK 03 Berlin (5. Nord) vs. RC Luxembourg (6. Süd)

  • Heidelberger RK (5. Süd) vs. Hamburger RC (6. Nord)


Auch hier gilt: Alles oder nichts. Diese Spiele entscheiden nicht über „mehr oder weniger Prestige“, sondern über Bundesliga oder Zweitklassigkeit. Wer nervenstark ist, wird belohnt. Wer schwächelt, schaut nächstes Jahr zu.


Zwischen Strategie und Sportlichkeit


Und während auf dem Papier alles geregelt scheint, flackert im Hintergrund ein Gedanke auf, der nicht ganz von der Hand zu weisen ist: Ist es unter Umständen nicht attraktiver, Fünfter zu werden – und damit das Viertelfinale zu vermeiden? Wer Vierter wird, trifft auf einen Gruppenprimus. Wer Fünfter wird, spielt gegen den Sechsten der anderen Staffel – ein scheinbar leichteres Los.


Ob das Teams beeinflusst? Niemand wird es offen zugeben. Doch wer die Konstellationen kennt, der weiß: Es wird gerechnet in den Klubhäusern. Und das ist nicht verwerflich. Es ist ein Nebenprodukt eines Systems, das zwar sportlich fair, aber nicht ganz frei von taktischer Interpretation ist.


Auch für die Zweitligisten ist diese Relegation ein echter Wendepunkt. Denn das klassische Aufstiegsrecht gibt es in diesem Jahr nicht. Stattdessen müssen auch die Topteams der zweiten Liga den Umweg über die Playoffs nehmen.


Fazit: Ein Finale, das für alle zählt


Was sich da in der Schlussphase der Bundesliga zusammenbraut, ist mehr als nur der Endspurt um den Titel. Denn in dieser Saison geht es für jedes Team um etwas – und für viele um alles.


Wer nicht um die Meisterschaft spielt, kämpft um die Bundesliga-Zugehörigkeit. Wer nicht oben angreift, will sich unten retten. Und wer aus der zweiten Liga kommt, hat die Chance, ganz nach oben zu springen.

Plötzlich fühlt es sich an, als hätte fast jeder Klub sein eigenes Finale.Und genau das ist das Besondere an diesem System: Es macht den Saisonabschluss für alle relevant.


Entscheidungsspiele überall. Spannung bis zum letzten Spieltag.Eine Liga, die nicht ruhig ausläuft – sondern mit Schärfe, Klarheit und echtem sportlichen Wert endet.


Und das ist gut so –für die Spieler, für die Vereine und vor allem: für uns Rugby-Fans.



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