Ankick - Kracher in Frankfurt, Vollprogramm in Hannover
- Rugby-News Team
- 21. Nov.
- 7 Min. Lesezeit
Am 8. Spieltag blickt ganz Rugby-Deutschland nach Frankfurt: Der ungeschlagene Primus empfängt die wiedererstarkte RG Heidelberg zum absoluten Topspiel Erster gegen Dritter. Eine Prüfung für den Meister, aber auch eine Reifeprüfung für die „Orange Hearts“.
Doch auch im Verfolgerfeld und im Mittelfeld ist Musik drin: Neuenheim muss im Fernduell in Luxemburg liefern, während Hannover, München, Germania und der TSV in direkten Duellen um jeden Zentimeter Boden ringen, um sich vor der nahenden Winterpause eine gute Ausgangsposition zu sichern.

SC Frankfurt 1880 – RG Heidelberg
Es ist das Spitzenspiel dieses achten Spieltags: Der unangefochtene Tabellenführer empfängt den Tabellendritten. Wenn der SC Frankfurt 1880 am Samstag die RG Heidelberg am Feldgericht begrüßt, trifft die dominante Kraft des deutschen Rugbys auf die vielleicht positivste Überraschung der laufenden Saison. Denn die RGH spielt – das erkennen auch die Gegner an – ihre stärkste Runde seit Jahren.
Frankfurts Trainer Byron Schmidt weiß genau, dass an diesem Wochenende ein anderes Kaliber auf seine Mannschaft wartet als zuletzt im tiefen Boden von Berlin. „Die RGH ist derzeit richtig gut unterwegs, sie spielen wahrscheinlich ihre beste Saison seit etwa 2018“, zollt Schmidt den Gästen Respekt. Er erwartet ein hochklassiges Duell, das vor allem taktisch interessant werden dürfte: „Es wird ein Aufeinandertreffen zweier unterschiedlicher Spielstile.“
Für die Frankfurter läutet dieses Spiel die Wochen der Wahrheit ein. Nach eher einseitigen Partien warten nun die Top-Teams der Liga Schlag auf Schlag. „Wir wissen, dass die nächsten Spiele unsere härtesten Prüfungen vor der Winterpause sein werden“, so Schmidt mit Blick auf das Restprogramm gegen die RGH, Neuenheim und Hannover 78. Dennoch ist das Selbstvertrauen beim Meister ungebrochen, schließlich hat man eine Serie zu verteidigen: „Wir haben eine stolze Heimbilanz, und wir werden definitiv unsere beste Leistung abrufen.“
Auf der Gegenseite in Heidelberg macht man sich keine Illusionen über die Schwere der Aufgabe. RGH-Coach Gareth Jackson ordnet die Kräfteverhältnisse nüchtern ein: „Frankfurt ist der führende Verein in Deutschland. Sie haben seit 2018 kein Spiel mehr verloren, sie haben einen großen Kader, der es ihnen ermöglicht, permanent zu rotieren, und sie verfügen über eine fantastische Infrastruktur.“
Dass die „Orange Hearts“ ausgerechnet jetzt mit Personalsorgen anreisen, macht die Sache nicht leichter. „Wir haben Verletzungen aus den letzten Wochen davongetragen und werden sicher etwas geschwächt sein“, gibt Jackson zu, dreht die Situation aber sofort ins Positive: „Das gibt anderen Spielern die Möglichkeit, sich zu beweisen.“
Trotz der klaren Rollenverteilung reist die RGH nicht an, um nur Spalier zu stehen. Jackson formuliert ein klares, wenn auch ambitioniertes Ziel im Kampf um die Playoff-Plätze: „Wir wissen, dass die meisten Mannschaften nach Frankfurt kommen und ohne Punkte wieder abreisen. Aber wir kämpfen um den dritten Platz – also müssen wir irgendwie etwas aus diesem Spiel mitnehmen.“ Ob das ein Bonuspunkt oder die Sensation ist, wird sich auf dem Rasen zeigen.
Prognose: Frankfurt 1880 ist zu Hause eine Macht und wird versuchen, das Spiel über ihr physisches Spiel früh zu kontrollieren. Die RGH hat in dieser Saison mehrfach bewiesen, dass sie spielerisch dagegenhalten kann, doch die verletzungsbedingten Ausfälle wiegen gegen die enorme Kaderbreite der Frankfurter schwer.
Frankfurt gewinnt 48:12.
Hannover 78 – München RFC
Beide Teams haben Wunden zu lecken, beide Teams haben etwas gutzumachen. Wenn Hannover 78 am Samstag den München RFC empfängt, ist es das Duell zweier Mannschaften, die mit dem letzten Wochenende hadern – wenn auch auf unterschiedlichem Niveau. Hannover verlor beim Top-Favoriten in Neuenheim, verkaufte sich aber teuer. München hingegen erlebte zu Hause gegen Germania eine bittere Niederlage in der letzten Sekunde.
Für Hannovers Trainer Jarrod Saul ist die psychologische Ausgangslage klar: „Ich kann mir vorstellen, dass München den Schmerz der knappen Niederlage gegen Germania noch spürt und darauf brennt, das wiedergutzumachen.“ Doch auch bei den 78ern sitzt der Stachel noch: „Wir haben das gleiche Gefühl – es war eine harte Niederlage.“
Taktisch hat Saul den Gegner genau analysiert. Er erwartet einen MRFC, der das Risiko minimieren will: „Sie setzen massiv auf das Kickspiel, das müssen wir kontrollieren. Außerdem wissen wir, dass sie ein Team sind, das die Gasse liebt, um daraus zu punkten.“ Die Marschroute für Hannover ist also klar: Disziplin in der eigenen Hälfte und Stabilität bei den Standards.
Personell bleibt die Lage bei den Norddeutschen angespannt, wie schon in der Vorwoche. „Wir haben mehr Verletzte denn je“, gibt Saul zu, sieht darin aber auch eine Chance für die Breite des Kaders: „Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Das bedeutet, dass wir Spielern aus der zweiten Reihe eine echte Chance geben, sich gegen Top-Teams zu beweisen.“ Das Ziel ist trotz der Ausfälle ambitioniert: „Wir wollen die 5 Punkte hier behalten, auch wenn wir wissen, dass es nicht leicht wird.“
In München versucht Trainer Alan Moughty, das Positive aus dem Drama der Vorwoche zu ziehen. „Der Plan ist, auf den letzten Spielen aufzubauen. Wenn wir unseren Gameplan ausgeführt haben, haben wir Germania massiv unter Druck gesetzt und einige sehr schöne Versuche gelegt.“
Interessant ist Moughtys Wahrnehmung des Gegners: Während Saul von Verletzungssorgen spricht, hat der Münchner Coach einen anderen Eindruck gewonnen: „Hannover scheint letzte Woche viele Spieler geschont zu haben. Wir geben uns also keinen Illusionen hin.“ Moughty erwartet am Schnelle Graben ein „extrem physisches Spiel“. Die Historie spreche eine klare Sprache: „Wir müssen 80 Minuten lang unser Top-Niveau abrufen, um überhaupt im Rennen zu bleiben.“ Die Erwartungshaltung ist entsprechend vorsichtig: „Wenn wir noch ein bisschen mehr aus den Jungs herausholen können, nehmen wir vielleicht etwas Zählbares mit.“
Prognose: München ist gefährlich, wenn sie ihr Sturmspiel aufziehen können, doch die Auswärtsschwäche der Bayern und die lange Anreise sind Faktoren, die man nicht ignorieren kann. Hannover 78 mag verletzungsgeplagt sein, hat aber gegen Neuenheim bewiesen, dass auch der „zweite Anzug“ Bundesliga-Niveau hat und taktisch diszipliniert agieren kann.
Hannover 78 gewinnt 38:20.
RC Luxembourg – SC Neuenheim
Auf dem Papier ist die Sache am Samstag im Stade Boy Konen eine klare Angelegenheit: Der Tabellenneunte empfängt den ungeschlagenen Tabellenzweiten. Während der SC Neuenheim mit der perfekten Ausbeute von 35 Punkten aus sieben Spielen wie ein Uhrwerk durch die Liga marschiert, sucht der RC Luxembourg nach der deutlichen Niederlage gegen die RGH nach Stabilität.
RCL-Trainer Antoine Alric ist Realist genug, um die Schwere der Aufgabe nicht schönzureden. „Wir erwarten ein schwieriges Spiel gegen Neuenheim, das eine beeindruckende Ausbeute von 35 aus 35 möglichen Punkten erzielt hat“, so der Franzose an der Seitenlinie der Luxemburger. Er zollt dem Gegner Respekt für dessen Konstanz: „Sie arbeiten – wie in den vergangenen Jahren – äußerst solide.“
Für die Gastgeber kommt erschwerend hinzu, dass das harte Duell gegen Heidelberg physisch Tribut gefordert hat. „Das letzte Spiel hat bei uns personell Spuren hinterlassen“, gesteht Alric. Dennoch verspricht er den heimischen Fans eine Mannschaft, die sich nicht kampflos ergibt: „Wir werden unsere Chancen entschlossen verteidigen und versuchen, den Gegner bis zum Schluss unter Druck zu setzen.“
Einen interessanten Nebensatz fügt Alric noch in Richtung der Unparteiischen an – wohl wissend um die physische Wucht der Neuenheimer und die Intensität der Liga: „Wir hoffen auf eine konsequente und klare Schiedsrichterleistung, die sowohl den Schutz der Spieler als auch den Spielfluss gewährleistet, damit wir den Zuschauern attraktives Rugby bieten können.“
Aus Neuenheim gibt es traditionell keine Stimmen vor dem Spiel. Die Königsblauen lassen in dieser Saison lieber Taten sprechen. Die Mannschaft wirkt so gefestigt wie lange nicht mehr. Der Sieg gegen Hannover 78 in der Vorwoche war vielleicht kein Feuerwerk, aber ein Beweis für die kontrollierte Dominanz, die den SCN dieses Jahr auszeichnet. Für Neuenheim zählt im Fernduell mit Frankfurt nur eines: Der fünfte Punkt ist Pflicht. Alles andere wäre im Titelrennen ein Rückschlag.
Prognose: Luxemburg ist zu Hause immer unangenehm, und der tiefe Platz könnte das Spiel verlangsamen. Doch die aktuelle Form des SC Neuenheim lässt wenig Raum für Überraschungen. Der SCN ist im Sturm zu wuchtig und in der Hintermannschaft zu strukturiert, als dass ein geschwächter RCL sie über 80 Minuten gefährden könnte. Neuenheim wird geduldig spielen, die Physis nutzen und am Ende souverän die volle Punktzahl mitnehmen.
Neuenheim gewinnt 52:10.
SC Germania List – TSV Handschuhsheim
Es ist das Duell der Tabellennachbarn, ein Kampf um das gesicherte Mittelfeld und vielleicht sogar der spannendste Vergleich des Wochenendes. Der SC Germania List (7.) empfängt den TSV Handschuhsheim (5.). Die Vorzeichen könnten unterschiedlicher kaum sein: Germania kommt mit dem Rückenwind eines dramatischen Last-Minute-Sieges aus München, während die Löwen vom TSV am letzten Wochenende aufgrund der Spielverlegung zum Zuschauen verdammt waren.
Bei den Gastgebern ist die Erleichterung nach dem Erfolg im Süden spürbar. „Der knappe Sieg in München hat die Moral unheimlich angeschoben“, berichtet Germania-Coach Stefan Mau. Doch der Preis für die Punkte war hoch, und die personelle Lage bleibt das Sorgenkind der Hannoveraner: „Der Kader erholt sich nicht wirklich. Es fehlen nach wie vor einige Jungs aufgrund von Verletzungen, der U20-EM oder beruflichen Verpflichtungen.“ Mau sieht darin das Hauptproblem der bisherigen Saison: „Wir haben ein gutes Team beisammen, aber die stetigen Rotationen bringen uns immer wieder leicht aus dem Rhythmus.“
Den Gegner erwartet Mau hochmotiviert – auch wegen der jüngsten Vergangenheit. „Handschuhsheim wird mit viel Wut im Bauch nach Hannover kommen, da sie gerade bei der letzten Anreise doch recht deutlich gegen 78 verloren haben“, warnt der Trainer. Die Hoffnung der Germanen ruht auf der eigenen Heimstärke und den Strapazen der Gäste: „Wir hoffen, dass der TSV sich mit dieser Auswärtsfahrt schwer tut.“
Genau diesem Problem will der TSV Handschuhsheim diesmal proaktiv begegnen. „Wir fahren mit dem Zug, damit das ein wenig die schweren Beine im Vergleich zu einer Busanfahrt relativiert“, erklärt TSV-Pressesprecher Moritz Bayer die Reiseplanung. Das Ziel ist eindeutig: „Wir fahren nach Hannover, um bei Germania List zu gewinnen.“
Gleichwohl wissen die Heidelberger um die zwei Gesichter der Germania. „Wir wissen, dass sie sehr heimstark sind. Ob man sie zu Hause oder auswärts bespielt, können sehr unterschiedliche Spiele sein“, so Bayer. Personell drückt beim TSV der Schuh vor allem im Sturm, doch hier können die Löwen eine prominente Rückkehr vermelden: „Wir sind froh, dass Routinier Markus Bender gesagt hat, er wirft sich bis zur Winterpause nochmal ins Getümmel. Das hilft uns viel.“
Für Handschuhsheim ist es ein Schlüsselspiel. Bayer ordnet die Partie klar ein: „Wir wollen im gesicherten Mittelfeld bleiben und schauen, wie weit man sich nach oben orientieren kann. Wenn man diese engen Spiele gewinnt, dann spielen wir eine gute Saison.“
Prognose: Es wird ein Spiel auf Augenhöhe. Germania List hat den Heimvorteil und das Adrenalin des München-Sieges, muss aber wieder einmal die Aufstellung umbauen. Der TSV Handschuhsheim kommt ausgeruht, mit klügerer Reiseplanung und der Erfahrung von Markus Bender im Sturm.
Entscheidend wird sein, ob Germanias neu formierter Sturm dem TSV-Paket standhalten kann. Die Löwen wirken in dieser Phase der Saison etwas stabiler und könnten von der Frische profitieren. Es wird eng, aber die Punkte gehen diesmal in den Süden.
TSV Handschuhsheim gewinnt 24:19.





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