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Dritte Halbzeit - Frankfurter Machtwort, Drama im Löwenkäfig

  • Rugby-News Team
  • vor 13 Minuten
  • 8 Min. Lesezeit

Der 9. Spieltag der Rugby-Bundesliga brachte bei widrigen Witterungsbedingungen klare Antworten im Titelkampf und pure Dramatik im Mittelfeld. Während der Meister seine Vormachtstellung auf tiefem Geläuf eindrucksvoll untermauerte, boten die anderen Plätze Spannung bis zur letzten Sekunde – von historischen Schlagabtauschen bis zu tragischen Helden im Derby.


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SC Neuenheim – SC Frankfurt 1880 0:38

Klare Verhältnisse im Topspiel: Frankfurts Defensive steht wie eine Mauer


Mit Spannung war das Aufeinandertreffen der beiden Tabellenführer erwartet worden, am Ende sorgte der Meister für klare Verhältnisse. Der SC Frankfurt 1880 setzte sich im Spitzenspiel am Heidelberger Museumsplatz deutlich mit 38:0 gegen den SC Neuenheim durch und unterstrich damit eindrucksvoll seine Ambitionen. Während die Frankfurter ihre makellose Serie ausbauten, mussten die Gastgeber anerkennen, dass gegen das Bollwerk der Hessen an diesem Tag kein Kraut gewachsen war.


Frankfurts Trainer Byron Schmidt zeigte sich nach dem Abpfiff „sehr glücklich“ über das Resultat. „Ein 38:0 ist sehr deutlich“, bilanzierte der Südafrikaner zufrieden, ordnete das Geschehen auf dem Rasen jedoch differenziert ein. Es war kein Spiel für Ästheten, in dem der Ball pausenlos durch die Reihen lief. „Das Spiel war sehr zerfahren, es gab keinen wirklichen Spielfluss“, beschrieb Schmidt den Charakter der Partie, die von vielen Unterbrechungen geprägt war.


Trotz des deutlichen Ergebnisses zollte der Frankfurter Coach den Gastgebern Respekt für deren Widerstandskraft in der Gefahrenzone. „Neuenheim hat es ein paar Mal wirklich gut gemacht, uns draußen zu halten. Vielleicht hätten wir noch ein oder zwei Versuche mehr legen können“, so Schmidt selbstkritisch. Doch der Schlüssel zum Sieg lag diesmal nicht allein in der Offensive, sondern in der Arbeit gegen den Ball.


Besonders stolz war Schmidt daher auf die Disziplin und Härte seiner Hintermannschaft und des Sturms. „Unsere Jungs haben einen tollen Job gemacht. Einen Gegner wie Neuenheim ohne Punkte zu halten, war eine wirklich starke Leistung“, lobte er die kollektive Defensivarbeit.


Mit diesem Sieg festigt Frankfurt seine Position an der Tabellenspitze, während Neuenheim trotz der Niederlage auf dem zweiten Rang verbleibt. Für den Meister wartet nun zum Jahresabschluss noch eine weitere Herausforderung: „Das letzte Spiel für 2025 gegen Hannover wird noch einmal ein hartes Stück Arbeit“, blickt Schmidt voraus. Man darf gespannt sein, ob die Frankfurter Serie auch dort Bestand hat.



TSV Handschuhsheim – München RFC 41:39

Herzschlag-Finale im Löwenkäfig: Ein Spektakel für die Geschichtsbücher


Es gibt Spiele, die man analysiert, und es gibt Spiele, die man erlebt. Was sich am Samstagnachmittag im Heidelberger „Löwenkäfig“ abspielte, gehört definitiv in die zweite Kategorie. Mit einem atemberaubenden 41:39-Sieg rang der TSV Handschuhsheim den München RFC nieder – in einer Partie, die an Dramatik, Wendungen und purer Offensivkraft kaum zu überbieten war.


„Das war ein krasses Spiel und für die Zuschauer vermutlich eines der besten, weil extrem spannend“, rang TSV-Pressesprecher Moritz Bayer nach dem Abpfiff nach Worten. Und er übertrieb nicht: In den letzten Minuten wechselte die Führung im Minutentakt, ein offener Schlagabtausch, der die Nerven aller Beteiligten bis zum Zerreißen spannte. „Aus Ligasicht ist das natürlich super, aus Sicht meiner grauen Haare weniger“, so Bayer mit einem Augenzwinkern.


Dabei sah es zunächst nach einem kontrollierten Nachmittag für die Hausherren aus. Zur Pause führten die Löwen mit 17:8, das Spielsystem griff, die Angriffe waren gefährlich. Doch wie schon in der Vorwoche gegen Germania List riss der Faden in der zweiten Hälfte. „Wir haben super dumm den Ball vertändelt“, ärgerte sich Bayer über die eigenen Fehler und die mangelnde Chancenverwertung. München, strukturiert und gnadenlos effektiv, nahm die Geschenke an. Zehn Punkte in Folge drehten das Spiel, und plötzlich entwickelte sich ein wildes „Super-Rugby-Style“-Duell, bei dem die Offensivreihen die Defensivverbünde schwindelig spielten.


Die Schlussphase war an Dramatik nicht zu überbieten. Gelbe Karten auf beiden Seiten – laut Bayer nicht wegen Unfairness, sondern aus „Mut der Verzweiflung“ – sorgten für numerisches Chaos. München ging in doppelter Überzahl kurz vor Schluss in Führung. „Dann haben wir echt schon gedacht, Mist...“, gestand Bayer. Doch der TSV antwortete mit einem Husarenstück: In doppelter Unterzahl (!) griffen die Löwen an, verzichteten beim Strafkick auf den sicheren Ausgleich und gingen volles Risiko über die Gasse. Der Mut wurde belohnt: Der Siegversuch gelang, der Jubel kannte keine Grenzen.


Besonders hervorzuheben waren auf Seiten der Heidelberger Routinier Markus Bender, der zwei Versuche beisteuerte, sowie Jaco Otto und das Eigengewächs Julius Diawara. „Als wir ein bisschen den Faden verloren hatten, sind wir diesmal über den Kampf gekommen“, lobte Bayer die Moral der Truppe.


Für Münchens Trainer Alan Moughty schmeckte das Ergebnis bitter wie Galle. „Wir haben in der letzten Minute verloren. Wir gehen in Führung, machen den Ankick und geben viel zu viele Straftritte weg“, haderte der Ire. Die Analyse fiel schonungslos aus: „Unsere Disziplin in der zweiten Hälfte war einfach schlecht und hat uns gekillt. Wir können keine Spiele gewinnen, wenn wir 20 Straftritte in einer Halbzeit abgeben.“ Dennoch sieht Moughty auch das Positive: „Wir nehmen die zwei Bonuspunkte mit. Es ist bitter, aber wir gehen in die richtige Richtung.“


Ein Spiel, über das man noch lange sprechen wird. Handschuhsheim gewinnt glücklich, aber aufgrund des Risikos verdient. München nimmt zwei Punkte mit, muss aber dringend an der Disziplin arbeiten. Der Gewinner an diesem Tag war jedoch vor allem der Rugbysport.



RG Heidelberg – Heidelberger RK 30:22

Derby-Dramatik am Harbigweg: Von der Kälte des Verstandes und der Hitze des Gefechts


Wenn am Harbigweg die Nachbarn aufeinandertreffen, ist die Luft oft dicker als anderswo in der Republik. Doch dieses Derby war mehr als nur ein lokaler Vergleich; es war eine Studie über Reife, Risiko und die brutale Unbarmherzigkeit der neuen Bundesliga. Die RG Heidelberg behielt beim 30:22 die Oberhand, doch die Geschichte des Spiels wird in den Zwischentönen erzählt – zwischen dem Stolz des Siegers und der tiefen Frustration des Unterlegenen, der am eigenen Unvermögen scheiterte.


Für Gareth Jackson, den englischen Strategen an der Seitenlinie der RGH, war dieser Sieg ein Charaktertest. „Ich bin sehr stolz – auf den Verein, die Spieler und die veränderte Atmosphäre“, so Jackson, dessen Mannschaft derzeit auf einer Euphoriewelle reitet. Dabei waren die Vorzeichen alles andere als ideal. Jackson musste tief in die taktische Trickkiste greifen: „Uns fehlten sieben Stammspieler und wir haben einen Center in der zweiten Reihe gespielt.“ Dass dieses Experiment gegen den physisch starken „Klub“ gelang, spricht Bände über das neugewonnene Selbstverständnis der „Orange Hearts“.


Jackson analysierte den Erfolg mit der Kühle eines Chirurgen: „Wir haben enormen Druck ausgeübt und waren gnadenlos, wenn wir einen Fehler sahen.“ Genau diese Gnadenlosigkeit bekam der HRK in der Anfangsphase zu spüren. „Wir haben den Start etwas verschlafen, kleinere Fehler bei Kicks und im Chase wurden eiskalt bestraft“, musste HRK-Coach Steffen Liebig anerkennen. Er sah sich einer „top-besetzten RGH“ gegenüber, die „alles aufgefahren hat, was sie an 7er-Spielern haben“.


Doch der HRK steckte nicht auf. Was folgte, war ein „starker Fight“, wie Liebig betonte. Seine Mannschaft kämpfte sich zurück, setzte ihre physischen Stärken ein und brachte den Favoriten ins Wanken. Das Spiel stand auf Messers Schneide – und endete für den Klub in einer Tragödie der verpassten Gelegenheiten.


Es sind die Momente kurz vor Schluss, die Liebig wohl noch einige Nächte verfolgen werden. Da war dieser eine Versuch zwei Minuten vor dem Ende, der den defensiven Bonuspunkt in greifbare Nähe rückte. Doch die Hektik triumphierte über die Vernunft: „Der Kick vor den Stangen wurde unnötig 'gerushed' und per Dropkick daneben gesetzt“, haderte Liebig mit der fehlenden Abgeklärtheit seiner jungen Truppe. Und als wäre das nicht genug, leistete man sich in der allerletzten Aktion, tief in der gegnerischen 22, einen leichtfertigen Bodenroller, den die RGH dankend annahm und ins Aus beförderte.


Die Bilanz des HRK-Trainers fiel dementsprechend bitter aus: „Unterm Strich ist ein Punkt zu wenig. Zwei wären verdient gewesen, fünf waren ebenfalls drin.“ Es ist eine schmerzhafte Lektion für das jüngste Team der Liga: „Daraus müssen wir lernen und abgebrühter werden.“ Während Jackson bei der RGH trotz der Arbeit, die noch vor ihnen liegt, stolz auf die Entwicklung ist, überwiegt beim Nachbarn die Sorge. „Der fehlende Punkt kann am Ende der Saison teuer werden“, weiß Liebig. Am Harbigweg liegen Freud und Leid eben oft nur einen missglückten Dropkick weit auseinander.




Berliner RC – SC Germania List 24:33

Vom Fluch der zweiten Hälfte und der Moral der Germanen


Es sind die Geschichten, die der Sport schreibt, die am meisten schmerzen – oder am meisten beflügeln. Für den Berliner RC war der Heimauftritt gegen den SC Germania List eine Tragödie in zwei Akten, für die Gäste aus Hannover hingegen der erneute Beweis einer unbändigen Moral. Am Ende stand ein 33:24-Auswärtssieg auf der Anzeigetafel, doch der Weg dahin war ein Wechselbad der Gefühle auf tiefem Berliner Boden.


Lange Zeit sah es so aus, als könnte der Tabellenletzte endlich den langersehnten Befreiungsschlag landen. Der BRC führte zwischenzeitlich mit 24:14, dominierte Phasen des Spiels und zeigte genau jene Leidenschaft, die im Abstiegskampf gefordert ist. „Sehr deprimierend, dass wir die Führung noch aus der Hand gegeben haben“, fasste BRC-Coach Ares van Look die Gefühlslage nach dem Abpfiff zusammen. Sein Team habe „super gekämpft“ und gut ins Spiel gefunden, doch wie ein dunkler Schatten legte sich erneut die zweite Spielhälfte über die Hoffnungen der Hauptstädter. „Zu viele Undiszipliniertheiten haben es Germania erlaubt, ihr sehr gutes Angriffsrugby zu spielen“, analysierte van Look den Bruch im Spiel.


Auf Seiten der Germanen, bei denen Johannes Augspurger das Wort führte, zollte man dem Gegner höchsten Respekt. „Es war der erwartete harte Kampf. Der BRC war mit den Stürmern sehr, sehr gut und hat uns im Gedränge zum größten Teil dominiert“, erkannte Augspurger die physische Überlegenheit der Berliner an. Auf dem tiefen, vom Regen gezeichneten Platz entwickelte sich ein Abnutzungskampf, bei dem die Gäste zudem mit personellen Engpässen zu kämpfen hatten – nur fünf Auswechselspieler standen zur Verfügung.


Doch Germania List scheint in diesen Wochen das Patent auf späte Comebacks angemeldet zu haben. Wie schon in der Vorwoche gegen Handschuhsheim drehten die Hannoveraner einen Zehn-Punkte-Rückstand. „Wir haben in der zweiten Halbzeit nochmal richtig Gas gegeben“, so Augspurger stolz über seine Mannschaft, die „hinten raus nochmal richtig stark“ agierte. Dass der Sieg am Ende „zum Teil glücklich, aber auch verdient“ war, ordnete er sportlich fair ein und wünschte den Berlinern viel Erfolg für die Rückrunde.


Für den Berliner RC bleibt die bittere Erkenntnis, dass 60 gute Minuten in der Bundesliga nicht reichen. Germania List hingegen festigt mit diesem Kraftakt seinen Ruf als Mannschaft der zweiten Luft, die sich auch von Rückständen nicht aus der Ruhe bringen lässt.



RC Luxembourg – Hannover 78 8:29

Nüchterne Realität im Regen: Hannover beendet den Luxemburger Höhenflug


Nach dem spektakulären Achtungserfolg der Vorwoche kehrte im Stade Josy Barthel der graue Liga-Alltag ein – passend zur meteorologischen Tristesse. Hannover 78 entführte mit einem soliden 29:8-Sieg die Punkte aus dem Großherzogtum und ließ sich dabei weder von der langen Anreise noch von den widrigen Witterungsbedingungen aus dem Konzept bringen.


Für Jarrod Saul, den Coach der 78er, war der Auswärtstrip eine Prüfung der Standhaftigkeit. „Das Spiel fand unter harten Bedingungen statt, das Wetter hat keinem Team geholfen“, resümierte Saul, dem die Fahrt noch in den Knochen steckte. Doch auf dem Platz zeigte sein Team genau die Tugenden, die bei Nässe und Kälte gefragt sind. „Wir haben endlich viele kleine Dinge in unserem Spiel richtig gemacht“, lobte Saul. Besonders die Disziplin, die Verteidigung und die statischen Standards waren der Schlüssel zum Erfolg: „Unsere Gedränge waren massiv.“ Zudem gelang es den Norddeutschen, die Fehlerquote im Ballvortrag zu minimieren – bei diesem Wetter keine Selbstverständlichkeit.


Auf Seiten der Gastgeber war die Ernüchterung greifbar, aber erklärbar. Trainer Antoine Alric musste auf eine schier unglaubliche Zahl an Stammkräften verzichten. „Mit aktuell 13 langzeitverletzten Spielern aus der ersten Mannschaft war es uns nicht möglich, Hannover Paroli zu bieten“, bilanzierte er realistisch. Hinzu kamen in der ersten Halbzeit taktische Fehlentscheidungen, die Hannover in die Karten spielten. Immerhin: In der zweiten Hälfte zeigte der RCL Moral und legte noch den „Ehrenversuch“.


Während Alric dem Gegner fair gratulierte („Sie haben verdient gewonnen“), konnte sich Jarrod Saul einen kleinen Seitenhieb auf die Geographie der Liga nicht verkneifen. Mit Blick auf das Rückspiel in der Bundesliga schickte er augenzwinkernd hinterher: „Ich kann es kaum erwarten, dass Luxemburg für unser nächstes Spiel nach Deutschland fahren muss.“

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