Favoriten marschieren, Neuenheim trotzt der Unterzahl
- Rugby-News Team
- 17. Juni
- 6 Min. Lesezeit
Rückblick auf die Viertelfinalspiele der Rugby-Bundesliga
Die K.o.-Phase der Rugby-Bundesliga hat begonnen – und mit ihr der Ernst der Meisterschaft. Am vergangenen Samstag standen in Frankfurt, Hannover, Heidelberg und Hannover vier Viertelfinalduelle auf dem Programm, die nicht nur über das sportliche Weiterkommen entschieden, sondern auch erste Hinweise auf Kräfteverhältnisse im Titelrennen gaben.
Während die beiden Staffelprimusse Frankfurt 1880 und Hannover 78 ihre Heimspiele in beeindruckender Manier dominierten, lieferten sich Germania List und der SC Neuenheim ein hitziges Duell mit offenem Ausgang. Auch in Heidelberg wurde Rugby in seiner deutlichsten Form gespielt: Der TSV Handschuhsheim ließ dem RC Leipzig keine Chance – und unterstrich damit seine Ambitionen auf die Finalrunde.
Auffällig: Die Favoriten agierten nicht nur überlegen, sondern auch mit bemerkenswerter Tiefe, taktischer Reife und hoher Effizienz. Gleichzeitig offenbarte das Wochenende die Grenzen jener Teams, die sich in der regulären Saison mit großem Einsatz unter die besten Acht gespielt hatten, nun aber der Qualität der Spitzenteams Tribut zollen mussten.
Ein Rückblick auf vier Viertelfinals – und auf eine Bundesliga, die im Endspurt sportlich wie atmosphärisch Fahrt aufgenommen hat.

Frankfurt 1880 fegt Berliner RC mit 94:3 vom Feld – Schmidt warnt dennoch vor Leichtsinn
Mit einer nahezu beispiellosen Demonstration von Angriffslust und Präzision hat der SC Frankfurt 1880 das Viertelfinale der Rugby-Bundesliga dominiert. Der amtierende deutsche Meister ließ dem Berliner RC beim 94:3 (49:3) nicht den Hauch einer Chance – und präsentierte sich über 80 Minuten als Titelanwärter in Reinkultur.
Bereits nach 68 Sekunden eröffnete John Stewart (#8) den Frankfurter Versuchereigen – und der Hauptstadtclub war früh in alle Richtungen überfordert. Bis zur Pause sammelte der Gastgeber sieben Versuche, darunter ein Strafversuch sowie ein Doppelpack von Leo John Wolf (#12). Der BRC hingegen kam lediglich zu einem Straftritt durch Albert Jürgen (#13), blieb aber in allen anderen Spielphasen wirkungslos.
Auch eine Rote Karte gegen Frankfurts Cosmos Zymvragos (#3, 39. Minute) änderte nichts an der Statik des Spiels. Im Gegenteil: Die Gastgeber erhöhten weiter konsequent den Druck, nutzten jede Lücke – und erzielten selbst in Unterzahl Versuch um Versuch. Insgesamt 14 Mal fand Frankfurt den Weg ins Malfeld, die Kicker Stella und Hennig verwandelten mit hoher Erfolgsquote.
Die Berliner verloren nicht nur das Spiel, sondern zunehmend auch ihre Struktur. Mehrere Gelbe Karten, darunter zwei gegen Louis Moulinier (#7) – die zur Ampelkarte führten – sowie weitere Verwarnungen unterstrichen die Überforderung des BRC, der spätestens im zweiten Durchgang nicht mehr wettbewerbsfähig wirkte.
Fazit:
Frankfurt 1880 setzte mit dieser Vorstellung ein deutliches Zeichen: spielerisch überlegen, diszipliniert im Aufbau, effizient in der Ausführung. Headcoach Byron Schmidt sprach nach dem Spiel von einer „dominanten Leistung in allen Bereichen“, mahnte aber mit Blick auf das Halbfinale gegen den SC Neuenheim zur Vorsicht:
„Das zählt diese Woche wenig bis gar nichts. Wir kennen den SC Neuenheim gut – in den letzten Jahren gab es einige starke Begegnungen. Uns erwartet ein hochklassiges Rugbyspiel auf deutschem Top-Niveau.“
Entsprechend klar formulierte Schmidt die Marschroute:
„Wir müssen uns gut vorbereiten und in unserem Spiel auf den Punkt genau sein, wenn wir ins Finale einziehen wollen. Es wird definitiv eine echte Herausforderung.“
Frankfurt hat geliefert – nun geht es darum, die Form zu konservieren, wenn die Gegner wieder Augenhöhe haben.
Handschuhsheim mit ihrem höchsten Viertelfinalsieg – Leipzig chancenlos beim 83:0
Der TSV Handschuhsheim hat das Viertelfinale der Rugby-Bundesliga in eine Demonstration der eigenen Stärke verwandelt. Mit einem überlegenen 83:0 (50:0) gegen den RC Leipzig unterstrichen die „Löwen“ eindrucksvoll ihre Ambitionen auf den Titel – und lieferten einen ihrer deutlichsten Siege der jüngeren Bundesliga-Geschichte.
Bereits nach zwei Minuten eröffnete der Nachwuchsstar Tim Frauenfeld (#6) den Punktereigen – und sollte im Laufe der Partie noch zwei weitere Male ins Malfeld eintauchen. Handschuhsheim agierte von Beginn an mit hoher Präzision, dominant im Sturm und schnell in den Außenbahnen. Die erste Halbzeit geriet zum einseitigen Schauspiel: Sieben Versuche und 50 Punkte standen zur Pause auf dem Tableau – Leipzig hingegen kam kaum über die Mittellinie hinaus.
Auch nach dem Seitenwechsel änderte sich das Bild nicht. Trotz zahlreicher Wechsel zwischen der 46. und 66. Minute blieb der Heidelberger Rhythmus ungebrochen. Vier Versuche durch Außendreiviertel Josuha Gando (#14), ein glänzend aufgelegter Marius De Giacomoni (#11) als Kicker und Tryscorer sowie weitere Punkte durch Robert May (#8) und Jacobus Otto (#7) machten den Klassenunterschied unübersehbar.
Einziger Makel in einer ansonsten makellosen Partie: eine Gelbe Karte gegen Otto kurz vor der Pause. Doch selbst in Unterzahl geriet Handschuhsheim nie aus dem Takt.
Fazit:
Der TSV Handschuhsheim präsentierte sich in Bestform – als geschlossenes Kollektiv mit Tiefe, Tempo und taktischer Disziplin. Besonders die Sturmreihe um Frauenfeld, Otto und May dominierte die Kontaktzonen, während Gando und De Giacomoni auf den Außenbahnen für Glanzlichter sorgten.
Der RC Leipzig hingegen blieb blass – ohne Zugriff, ohne offensive Akzente, ohne Antwort auf die Vielseitigkeit des Gegners. Ein bitteres Spiel für die Sachsen, ein markiges Ausrufezeichen für den TSV.
Tim Frauenfeld fasste die Leistung nüchtern zusammen:
„Wir haben sehr gut ins Spiel gefunden und direkt in den ersten zehn Minuten zwei, drei Versuche legen können. Dadurch konnten wir früh die Kontrolle übernehmen. Im weiteren Verlauf haben wir den Leipzigern konsequent unser Spiel aufgedrückt – besonders über unsere schnellen Außen konnten wir sie immer wieder schlagen.“
Auch defensiv sei die Mannschaft „sehr dominant“ gewesen:
„Wir haben keine Linebreaks zugelassen. Das System hat super funktioniert.“
Mit diesem System – und einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein – geht es nun ins Halbfinale.
Neuenheim ringt Germania in hitziger Schlussphase nieder – 22:17-Auswärtssieg nach Roter Karte
In einem Viertelfinale, das an Intensität kaum zu überbieten war, hat sich der SC Neuenheim mit 22:17 (7:10) beim SC Germania List durchgesetzt – und das trotz einer Roten Karte gegen Innendreiviertel Enrich Bulow (#12) in der Schlussphase. Die Heidelberger zogen mit einer kämpferisch wie taktisch reifen Leistung ins Halbfinale ein.
Germania List war zunächst das aktivere Team und legte nach einem verwandelten Straftritt von Daniel Koch (#10) und einem Versuch durch Flanker Carsten Höschele (#7) mit 10:7 zur Pause vor. Doch Neuenheim konterte nach dem Seitenwechsel – und das mit Nachdruck. Innerhalb weniger Minuten drehte das Team durch zwei Versuche, unter anderem durch Conor Arnold (#13) und einen nicht näher bezeichneten Versuchsträger, die Partie.
Die Partie nahm in der Folge spürbar an Schärfe zu. Mehrere Gelbe Karten – darunter gegen Neuenheims Spielmacher Klewinghaus (#10) und Germanias Majoni (#8) – unterbrachen den Spielfluss, ehe die Begegnung mit Bulows Roter Karte (70.) ihren hitzigen Höhepunkt erreichte. Germania witterte in Überzahl die Wende, verkürzte durch den eingewechselten Bjarne Bormann (#100) kurz vor Schluss.
Doch es war Neuenheim, das kühlen Kopf bewahrte: Ein Straftritt von Nikolai Klewinghaus fünf Minuten vor Ende besiegelte den Auswärtserfolg. Germania fand keine Antwort mehr.
Fazit:
Neuenheim zeigte sich in einer nervösen Schlussphase gefasst, geschlossen und effizient – Qualitäten, die in einem Auswärtsspiel von entscheidender Bedeutung sind. Germania List, lange Zeit ebenbürtig, verpasste es, aus der personellen Überzahl Kapital zu schlagen. Der SCN steht im Halbfinale – nicht als Spektakeltruppe, sondern als Mannschaft, die weiß, wann sie arbeiten muss.
Hannover 78 lässt München keine Chance – 49:20-Heimsieg sichert Halbfinaleinzug
Hannover 78 hat im Viertelfinale der Rugby-Bundesliga seine Favoritenrolle eindrucksvoll bestätigt. Gegen den München RFC setzte sich der Nord/Ost-Tabellenführer vor heimischer Kulisse mit 49:20 (17:10) durch und unterstrich mit einer strukturierten Vorstellung seine Ambitionen auf die Meisterschaft.
Dabei hatte die Begegnung zunächst ausgeglichen begonnen: München, das früh durch Spielmacher Alexi Laboudigue (#10) in Führung ging, zeigte sich entschlossen und bereit, dem überlegenen Gegner Paroli zu bieten. Doch Hannover reagierte kühl. Mit zunehmender Spieldauer übernahm der Gastgeber das Kommando – getragen von einer souverän auftretenden Sturmreihe und der präzisen Fußarbeit von Alexander Brosowski (#15), der fünf Erhöhungen und zwei Straftritte verwandelte.
Zur Pause lag 78 mit 17:10 vorn, ehe die Niedersachsen in der zweiten Hälfte den Ton endgültig angaben. Vor allem die Physis im Sturm setzte Akzente: Zweite Reihe Tobias Bauer (#5) legte zwei Versuche, Tobias Haase (#6) und Aro Hama (#21) rundeten die dominante zweite Hälfte ab. Brosowskis Kicks verwandelten die Feldüberlegenheit in Punkte, während München zunehmend mit personellen Umstellungen und Gelbvergehen (u.a. gegen Prop Gerhards und Ersatzmann Daly) zu kämpfen hatte.
Die Gäste kamen lediglich ganz zum Schluss durch Fred Odur (#11) nochmals zu kosmetischem Punktgewinn – da war das Spiel längst entschieden.
Fazit:
Hannover 78 demonstrierte Tiefe, Disziplin und taktische Reife – Eigenschaften, die in der kommenden Woche von zentraler Bedeutung sein dürften. München zeigte anfangs Mut, blieb jedoch spielerisch wie physisch zu inkonstant. Für die Niedersachsen geht es nun mit Selbstvertrauen ins Halbfinale – ein verdienter Sieg mit Ansage.
Komen