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Meisterklasse mit System

  • Rugby-News Team
  • 29. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Wie die U16 des TSV Handschuhsheim das deutsche Rugby dominiert


Wenn man in diesen Tagen mit Ruben May spricht, dem Trainer der U16-Rugbymeister aus Handschuhsheim, merkt man schnell: Hier ist einer am Werk, der nicht nur Mannschaften formt – sondern Generationen prägt. Unter seiner Leitung hat die U16 Mannschaft des TSV Handschuhsheim in der Saison 2024/2025 eine Leistung abgeliefert, die ihresgleichen sucht: 13 Spiele, 13 Siege, über 1000 erzielte Punkte, nur 50 kassiert – und am Ende der verdiente Titel.

📷: @fragfinn
📷: @fragfinn
„Ich will schönes Rugby spielen, modernes Rugby, viele Hände, schnelles Spiel.“– Ruben May

Was auf dem Papier wie eine Serie von Kantersiegen aussieht, ist in Wahrheit das Ergebnis jahrelanger Aufbauarbeit, akribischer Planung und eines Trainers, der Rugby nicht nur lebt, sondern seine Leidenschaft an seine Spieler weitergibt. Bereits im Auftaktspiel der regulären Saison gegen München setzte der TSV mit einem 88:0 ein erstes Ausrufezeichen. Es war kein Ausrutscher. Es war ein Vorgeschmack.


Ein Vater, ein Zuschauer, ein Trainer


Es begann mit einem einfachen Vatermoment. Ruben May brachte seine beiden Söhne – Jahrgänge 2010 und 2011 – zum Training der U8. „Ich habe am Anfang einfach nur zugeschaut“, erinnert er sich. Doch das Zuschauen hielt nicht lange. Schon bald war der frühere TSV-Spieler – Innendreiviertel und Schluss – mitten im Geschehen. Erst unterstützend, dann gestaltend. Er übernahm den Jahrgang, wuchs mit ihm – und blieb.

„Ich bin da direkt mit eingestiegen. Das Fieber hat mich selber gepackt.“

Seitdem ist der Kern des heutigen U16-Teams zusammen. Mit dieser Generation gewann May bereits die U12-Meisterschaft, zwei U14-Titel – und nun auch den bislang größten: den U16-Meistertitel. Eine Erfolgsgeschichte, die früh begann – und professionell weiterentwickelt wurde.


System mit Seele


„Wir haben ganz klar ein System“, erklärt May. Bereits ab der U14 beginne man beim TSV, mit festen Strukturen zu arbeiten – Laufwege, Unterstützung, Spielfluss. Was in der Theorie abstrakt klingt, wird auf dem Platz mit beeindruckender Klarheit sichtbar. In der regulären Saison wurden Mannschaften wie die SG HRK/RGH/RCW (81:5) oder die Freimann Dragons RC (106:7) regelrecht überrollt.

📷: @fragfinn
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Doch wer nun an eine bloße physische Übermacht denkt, liegt falsch. May legt Wert darauf, dass seine Spieler nicht nur athletisch, sondern auch taktisch geschult sind.

„Das Spiel lesen, Spiel verstehen – das wird enorm wichtig sein die nächste Zeit.“

Mit zunehmendem Alter – in der U16 gehört das Gedränge samt Liften und Druckspiel fest zum Repertoire – wird nicht nur der Körper gefordert, sondern auch der Kopf. Und May sieht seine Rolle nicht nur auf dem Trainingsplatz.

„Ich habe viel mit den Kindern selbst gesprochen, viel mit den Eltern gesprochen, war immer hinten dran.“

Es ist diese Mischung aus Strenge und Nähe, System und Wärme, die seine Arbeit so wirkungsvoll macht.


Ein Netzwerk aus Vertrauen – und Rivalen, die zusammenarbeiten


Was May aufgebaut hat, ist mehr als eine Mannschaft – es ist eine Gemeinschaft. Viele der Spieler trainiert er seit Jahren, nicht wenige kennt er von klein auf. Und er ist dabei nicht allein.


Unterstützt wird er seit zwei Jahren von Shalva Didebashvili, ehemaliger Flanker des SC Neuenheim und deutscher Nationalspieler georgischer Herkunft. Dessen Sohn spielt als Gastspieler im TSV-Team, da der SCM in diesem Jahrgang keine Mannschaft stellen konnte.

„Der Niklas ist in der U10 zu uns gekommen, weil der SCN keine Altersklasse hatte. Der läuft seitdem als Gastspieler bei uns mit – er gehört schon lange komplett dazu.“
📷: @fragfinn
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Dass ausgerechnet ein ehemaliger Spieler des Lokalrivalen Neuenheim mit einem TSV-Trainer gemeinsam eine Nachwuchsmannschaft coacht, zeigt, wie gemeinsames Know-how stärker sein kann als Vereinsgrenzen. Es ist ein Schulterschluss zweier Rugby-Welten – mit beeindruckendem Ergebnis.


Der Weg zum Titel


Der Saisonverlauf liest sich wie eine Machtdemonstration. Von September bis Mai dominierte Handschuhsheim die reguläre Saison mit einem Punkteschnitt von knapp 78 Zählern pro Spiel. Die Defensivleistung? Geradezu furchteinflößend: Im Schnitt kassierte das Team weniger als vier Punkte pro Partie.

Die beiden besten Teams – der TSV und Frankfurt 1880 – qualifizierten sich schließlich für die Meisterschaftsendrunde am 24./25. Mai in Heidelberg. Im Halbfinale traf der TSV auf den Berliner RC – und gewann mit 76:5. Im anschließenden Finale kam es zum dritten Duell der Saison gegen Frankfurt. Und auch diesmal hatte Handschuhsheim das bessere Ende für sich: 21:7 – deutscher Meister.

Dass das Endspiel vergleichsweise „knapp“ ausfiel, lässt May schmunzeln.

„Das war ein sehr gutes Endspiel – Frankfurt hat ein hohes Niveau. Aber wir hatten die Spielertypen und wir haben sehr, sehr viel gearbeitet.“


Die Trainerphilosophie: Anspruch und Vertrauen


Mit seiner Mannschaft trainiert May offiziell zweimal pro Woche. Doch in Wahrheit stehen viele seiner Jungs bis zu siebenmal wöchentlich auf dem Platz – Auswahltrainings beim Rugby-Verband Baden-Württemberg (RBW), Krafttraining, Zusatzarbeit am Wochenende. Nicht selten auch spontan: „Dann gehen wir kicken, machen Extras. Und es kommen immer drei, vier, fünf andere mit.“

May verlangt viel – aber er gibt auch viel.

„Ich glaube, dass der Spaß bei der ganzen Sache wichtig ist. Wenn Kinder einen mögen, dann kommen sie natürlich immer wieder.“

Gleichzeitig sei es wichtig, sich Respekt zu erarbeiten – durch Fachwissen, Verlässlichkeit, durch Resultate. „Wenn man vor dem Spiel sagt: Ihr müsst das und das machen, und sie machen es – und dann gewinnen wir – dann sehen sie ja, dass man recht hatte.“


Blick nach vorn


Ein Großteil des aktuellen Kaders wird auch in der kommenden Saison das Rückgrat der U16 Mannschaft bilden – der Kern bleibt, und Ruben May bleibt ebenfalls. Mit den nachrückenden Spielern aus der U14 stoßen zudem vielversprechende Talente hinzu. Die Herausforderung wird sein, das Niveau zu halten, den Anspruch zu wahren – und die Freude nicht zu verlieren.

„Ich bin auch der Meinung, dass viele von den Jungs, die U16 gespielt haben, locker im Ausland spielen könnten.“

Für May steht fest: Der Weg ist noch nicht zu Ende. Drei Jahre bleiben ihm mit dem aktuellen Kern noch, bevor der Schritt in die erste Mannschaft ansteht – oder darüber hinaus. Schon jetzt beobachtet er internationale Akademien, besucht Trainings in Frankreich, schaut World Rugby-Videos und vernetzt sich. Stets auf der Suche nach neuen Impulsen.


Was bleibt


Eine perfekte Saison. Ein Team, das nicht nur gewinnt, sondern begeistert. Ein Trainer, der führt, weil er lebt, was er verlangt. Und eine Botschaft, die bleibt:

„Man kann immer neue Sachen lernen.“

Saisonbilanz der U16 des TSV Handschuhsheim (2024/2025)

  • 13 Spiele, 13 Siege

  • 1009 erzielte Punkte, nur 50 kassiert

  • Finalsieg gegen SC Frankfurt 1880 mit 21:7


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