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Warten auf Nowitzki

  • Marc Bouzigues Engels
  • 13. Mai
  • 7 Min. Lesezeit

Es ist nicht so, dass die amerikanische NBA je einen Mangel an Starts gehabt hätte – Spieler wie Michael Jordon, Shaq oder Kobe Bryant waren schließlich auch im deutschsprachigen Raum geläufige Namen. Aber den wahren Schub an Popularität bekam der Basketballsport hierzulande erst, als Nowitzkis Dallas Mavericks 2011 ihre erste (und bisher einzige) Larry-O'Brian-Trophy gewann. Heute spielen mit den Wagner-Brüdern, Dennis Schröder, Maximilian Kleber oder Isaiah Hartenstein zahlreiche Deutsche in der wichtigsten Basketball-Liga der Welt.


Im Rugby ist die große Liga die Top 14 und dort wartet die deutsche Rugby-Gemeinde seit bald dreißig Jahren auf ihren „Nowitzki-Moment“: Sascha Fischer und Robert Mohr starteten Ende der neunziger Jahre ihre jeweiligen Laufbahnen beim ersten Challenge Cup-Sieger, dem Club Sportif Bourgoin-Jallieu. Andere Spieler wie Clemens von Grumbkow oder Kurt Haupt verbrachten ebenfalls mehrere Jahre in Frankreich, ohne jedoch den ganz großen Durchbruch zu schaffen.


Dem Nowitzki-Moment am nächsten kam wahrscheinlich Robert Mohr- und dass nicht nur aufgrund der sehr vergleichbaren Größe des Locks. Mit über 300 Spielern in Frankreichs Profiligen ist er eine wahre Erfolgsstory. Und auch als Funktionär, zunächst bei der Wild Rugby Akademie, später in Paris und, erneut, in La Rochelle hat er bei den Erfolgsgeschichten junger Spieler mitgeredet.


Wie steht es also um die aktuelle Generation an Spielern in Frankreich? Finden wir es heraus!




Erik Marks


Der heute 28-Jährige Zweite-Reihe-Stürmer Eric Marks hat seine Frankreich-Karriere bei eben jenem Stade Rochelais begonnen: 2016 wechselt der gebürtige Aachener nach einem Testspiel der deutschen National-15 gegen das Stade Rochelais auf Empfehlung von Robert Mohr in die Akademie des damals frischgebackenen Erstligisten.

Trotz guter Leistungen bei den Espoirs (bis 2019: U23, seither U21) wird er kein Profi in La Rochelle. Er wechselt 2019 stattdessen zum aufstrebenden RC Vannes in die Bretagne, wo er gemeinsam mit Co-Nationalspieler Christopher Hilsenbeck das blau-weiße Trikot der Morbihannais trug.

Erik Marks ist lange Stammspieler und sitzt beim historischen ersten Aufstieg in die Top 14 auf der Bank.

In der aktuellen Saison 24/25 ist er an der Seite von Spielern wie der England-Legende Mako Vunipola zumindest phasenweise Stammspieler und wird dem Verein auch die kommenden Jahre treu bleiben.


Mit aktuell 108 Spielen im Trikot der Bretonen ist er zwar noch weit von der Amtszeit von seinem Trainer Jean-Nöel Spitzer entfernt, der dem Verein 1983 mit Neun Jahren als Spieler beitritt und ihn seit Ende seiner Karriere 2005 als Trainer leitet, aber er wäre nicht der einzige Deutsche, der einen Vereinsrekord hält: Chris Hilsenbeck ist noch immer der beste Kicker der Vereinsgeschichte des RC Vannes (820 Punkte).


Michel Himmer


„Jamais deux sans trois“, wie man in Frankreich sagt. Niemals Zwei, ohne das Dritte. Und „Das Dritte“ ist in diesem Michel Himmer. Der 25-Jahre alte Hannoveraner folgte seinen Vorgängern 2019 an den Atlantik zum Stade Rochelais, wo er zwei Jahre bei den Espoirs verbrachte.Auch er konnte sich bei den Profis nicht durchsetzen und wechselte 2023 nach Niort, wo auch Robert Mohr nach seiner Zeit in La Rochelle schon hin wechselte.


Das damalige Stade Niortais spielte in der dritten Liga, konnte den eigenen Ambitionen aber nur bedingt gerecht werden. Heute ist das Stade Niortais der Niort Rugby Club – doch nicht nur der Name hat sich verändert, auch die Voraussetzungen sind sehr andere. Die Menschen und Unternehmen (mögliche Sponsoren) der Versicherungsmetropole in Westfrankreich bevorzugten lange die Chamois Niortais, den Fußballverein der Stadt. Diese Zuneigung war auch nicht unbegründet, denn während der Rugbyverein in der Fédérale 1 spielten, damals die dritte Liga Frankreichs, von der Struktur vergleichbar mit der deutschen Fußball-Regionalliga, spielten die Chamois in der Lige 2 gegen Traditionsvereine wie die AS Saint-Etienne oder die Girondins de Bordeaux.Heute existiert diese Konkurrenz nicht mehr. Nach Problemen mit dem Stadion und Lücken in der Finanzierung wurde der Fußballverein von der Finanzaufsicht DNACG zunächst in die dritte und dann in die siebte Liga heruntergestuft, wo der Verein sich im Laufe der aktuellen Saison ganz aufgelöst hat.


Und der Rugby? Floriert. Die Zuschauerzahlen stiegen in Folge auf einen Schnitt von ca. 2000 Fans. Nach zwei erfolgreichen Saisons, in den Michel Himmer einer der Schlüsselspieler auf der Fünf war, verpasste der Niort Rugby Club die Meisterschaft nur knapp. Sie verloren das Finale in Tours vor 4000 Fans mit 16-10 gegen den Rennes Etudiants Club.


Im Relegationsspiel gegen das Stade Langonnais (29 – 17 im heimischen Stadion) gelang der langersehnte Aufstieg in die Nationale, wo der Verein auf Traditionsclubs wie Narbonne, Bourgoin, Albi, Tarbes oder Massy. Und Michel Himmer? Wird diesen Weg weiter mitgehen. Er hat seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert und startet in das Abenteuer dritte Liga!


Oskar Rixen

Bleiben wir in der zweiten Reihe. Oskar Rixen war der erste von vielen Nachwuchsspielern, die in die Akademie des Stade Français Paris wechselten. Der Traditionsverein, und erste Vizemeister Frankreichs wurde 2017 von Dr. Hans-Peter Wild übernommen, der Robert Mohr als Sportdirektor einsetzte. Mohr, der Wilds Rugby Akademie geleitet hatte, brachte den Berliner Oskar Rixen mit in die französische Hauptstadt, wo er bei den Espoirs begann.

Seinen ersten Durchbruch hatte Oskar allerdings beim CA Brive, dem Europameister von 1997.

Er wechselte 2022 zu den Espoirs der Gaillards, die zu dem Zeitpunkt, mal wieder, im Abstiegskampf der Top 14 steckten. Oskar bekam seine Chance als Medical Joker und konnte sich mehrere Sterne in der Midi Olympique, der wichtigsten Rugby-Zeitung des Landes, erspielen, bevor eine Verletzung im Januar den Rest der Saison zum Zuschauen verdamte.Nach dem Abstieg des CAB kam er beim ambitionierten und formschwachen Titelfavoriten nur noch auf wenige Einsätze und wechselte 2024 zum ASM Clermont Auvergne.Trotz guter Kurzeinsätze vertraute Christophe Urios, Trainer der Jaunards, auf seine erfahrensten Spieler. Mit Ablauf der Saison wechselt Oskar zurück in die PRO D2, wo er als Leihspieler beim USON Nevers Rugby sicherlich mehr Spielzeit bekommen wird.


Nevers ist das Herzensprojekt des Textilunternehmers Régis Dumange, der den Verein seit 2009 als Präsident leitet und seit 2013 in den Verein investiert. Der Verein scheiterte trotz relativ guter finanzieller Möglichkeiten mehrfach in den Play-Offs und schaffte erst 2017 den Aufstieg in die zweite Liga, Der Verein gilt als einer der professionellsten Vereine Frankreichs und rekrutiert tendenziell eher aus den unteren Ligen. Wirkliche Aufstiegschancen blieben dem Verein von der Nièvre somit trotz Barrage-Teilnahmen (den Vierteilfinalspielen zwischen den Plätzen drei – bis sechs) verwehrt, aber in wirklicher Abstiegsgefahr befand sich der Verein auch nie.


Oskar Rixen ist übrigens der zweite deutsche Nationalspieler, der das gelb-blaue Trikot von der USON tragen wird: Paul Bosch absolvierte nach zwei Jahren in Montpellier von 2013-2015 39 Spiele für den Verein.


Julius Nostadt


Einer der erfahrensten Frankreich-Profis ist der Pfeiler Julius Nostadt. Er begann seine Karriere als Teil des Heidelberg-Trios in Colomiers. Zusammen mit Tim Menzel und Christopher Hilsenbeck wechselte er 2008 in die Akademie des USCo.Nach Abschluss seiner Rugby-Ausbildung wechselte der Prop 2013 für ein Jahr zu den Espoirs von Lyon, bevor er seine professionelle Karriere in Chambéry begann.


Nach einer kurzzeitigen Rückkehr zum TSV Handschuhseim zog es den Heidelberger nach Aurillac, einem kleinen, aber beständigen Zweitligisten im Cantal, wo er als Stammspieler auf sich aufmerksam machen konnte


Für ihn ging es 2020 weiter nach Castres, wo er allerdings außerhalb der europäischen Wettbewerbe, die für den Castres Olympique traditionell keine allzu große Rolle spielen, nur selten zum Einsatz kam. Er war allerdings nicht der erste deutsche Prop des CO: Auch Damien Tussac spielte zwei Jahre in Castres, bevor er von einer Wirbelverletzung in die Rente gezwungen wurde. Immerhin wurde Tussac 2016 der wahrscheinlich erste deutsche Nationalspieler, der eine Top 14-Siegermedaille bekam.


Seit 2022 ist Julius Nostadt erneut Stammspieler, diesmal in Aix-en-Provence, wo er heute an der Seite von großen Namen wie, z.B. George North, an seiner Rückkehr in die Top 14 arbeitet.Er hat seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert und wird seine Karriere wohl in der Provence beenden. Die Hälfte der aktuellen Saison musste er allerdings verletzt aussetzen.


Tim Menzel


Der Gedrängehalb Tim Menzel wechselte, wie eben bereits beschrieben, 2008 zusammen mit Nostadt und Hilsenbeck in die Akademie der US Colomiers. Wie auch Nostadt verließ er den Verein und spielte drei Jahre für die Espoirs der USA Perpignan, bevor er seine Karriere beim heimatnahen RC Strasbourg fortsetzte. 2018 wechselte er ebenfalls in die Bretagne und spielte eine Saison an der Seite von Chris Hilsenbeck beim RC Vannes – die wahrscheinlich einzige deutsche Spielmacher-Achse der Geschichte der PRO D2. Als Medical Joker blieb er nicht lange in Vannes, dafür aber in der Bretagne, wo er in Rennes zwei Jahre verbrachte.So schön wie Breizh auch ist, tauschte er 2021 den Atlantik gegen die Alpen: Bei Valnce-Romans Drôme Rugby, wo er seither turbulente Jahre mit einem Auf- und einem direkten Wiederaufstieg in die PRO D2 erlebt hat. Insgesamt hat der 33-Jährige 81 Spiele für die Damiers (die Geschachbrettmusterten) absolviert.In der aktuellen Saison 24/25 kam er nur noch sporadisch zum Einsatz und wird den Verein mit Ablauf der Spielzeit verlassen.


Weitere Spieler


Der dritte Colomiersaner, Christopher Hilsenbeck, wechselte im Laufe der Saison von Saint-Jean-de-Luz in der Nationale 2 (4. Liga) nach Chicago, wo er in der MLR sein Ziel der amerikanischen Nationalmannschaft verfolgt.


Gegenspieler war diese Saison Matthieu Ducau, der mit dem Cercle Amicale Lannemezanais zumindest sportlich abgestiegen ist. Der Club dürfte den Abstieg aber wohl am grünen Tisch verhindern können.

Maxime Oltmann spielt seit 2023 für den US Dax in der PRO D2 und ist auf dem Flügel gesetzt. Zumindest abgesehen von den wenigen Ausnahmen, bei denen er stattdessen auf der 15 spielte.


Mika Tyumenev spielte die Saison 24/25 beim CA Castelsarrasin in der Fé´dérale 1. Sie beendeten die Saison im Poule 3 auf dem 10. Platz und nur einem Punkt Vorsprung auf Castelnaudary. Die Cassoulet-Stadt muss damit stattdessen in die F2.


Giovanni Habel-Kuffner war die Überraschungsmeldung im Kader der Schwarzen Adler für das Duell gegen die British Army XV. Der Italo-Samoaner kam nicht zum Einsatz, aber sicherlich werden auch 25/26 alle Augen auf den Spieler von Aviron Bayonnais gerichtet sein.


In den Akademien Frankreichs spielen aktuell Johannes Polomsky, Karl Kasper, Colin Wiedemann und Edward Jumatate (alle Stade Français), wo Aaron Engels ebenfalls hinwechseln könnte.Hinzu kommt der französischstämmige Emile Blondin beim FC Grenoble und Benjamin Nehring bei der SU Agen L&G.



Wenn ihr auf dem aktuellsten Stand des französischen Rugbys sein wollt, schaltet Bleu, Blanc, Rugby ein – den deutschsprachigen Podcast über französischen Vereinsrugby, in dem Oskar Rixen und Marc Bouzigues Engels über alle aktuellen Themen aus Rugby-Frankreich.


Bei Fragen meldet euch auch gerne unter info@bleublancrugby.de


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